Entwarnung auf dem Airport Weeze

Besitzerin des roten Notfallkoffers identifiziert:  Karsta Dietert

Wer hier am Niederrhein Weeze sagt, meint in der Regel den Flughafen Weeze.  Der Flughafen ist ein stetig wachsender und ist, kaum zu glauben – mit fast 2 Millionen Passagieren pro Jahr der größte regionale internationale Flughafen in NRW.

Wir aber waren am 24. November nicht auf der Durchreise, sondern die VIPs, die auf dem Flughafen nicht nur vom Geschäftsführer des Airports begrüßt wurden, sondern dort ihre diesjährige Mitgliederversammlung abhielten und on top, von Karsta Dietert eindrucksvoll auf die Dringlichkeit verwiesen wurden, für den Ernstfall im Unternehmen dann vorzusorgen, wenn es dem Unternehmen und den Menschen darin gut geht.

Vornan stand mit der Mitgliederversammlung erst einmal der formelle Teil des Abends. Wie in den Jahren zuvor war die Versammlung vor das eigentliche Programm gesetzt worden, damit die Mitgliedsfrauen nicht noch einen Extra-Termin dafür einplanen müssen.

Nach Rückblick, der Kassenbericht-Präsentation von Sandra Pelser und der anschließenden Entlastung des Vorstandes machte Barbara Baratie schon einmal im Schnelldurchlauf Appetit auf das Jahr 2018 im unternehmerinnen forum niederrhein.

Der Flughafen, der einen privaten Betreiber (auch das gibt es sonst nirgends in NRW) und mit Ludger van Bebber einen sehr umtriebigen Geschäftsführer hat, liegt in einem Einzugsgebiet von ca. 10 Millionen Menschen – in NRW und in den Niederlanden. Lange Zeit fragte man sich auch in der Region, ob man neben Düsseldorf und hier noch einen kleinen Flughafen braucht? „Ja, wenn man die Nische für so ein Angebot findet“, so van Bebber, und er scheint sie gefunden zu haben. „Gut zwei Million Euro Gewinn hat der Flughafen auf dem ehemaligen Areal der Royal Air Force 2016 gemacht und: Wir haben in den zurückliegenden zehn Jahren keinen Cent an Subventionen bekommen. Der Kreis Kleve hat uns gemeinsam mit der Gemeinde Weeze lediglich einen Kredit gegeben.“ Dass der Flughafen in die Gewinnzone gekommen ist, liegt auch daran, dass es ein radikales Kostenmanagement gibt und dass „wir nur mit einem kleinen Team arbeiten. Wir haben Ryanair  als Low Cost Carrier als Hauptkunden, das zwingt uns automatisch auch zum Sparen“, sagt van Bebber. Aber, so fügte er hinzu, „wir entwickeln ebenso unsere Geschäftsfelder außerhalb des reinen Flugbetriebes. Wir sind im Immobiliengeschäft aktiv und zunehmend im Großveranstaltungsbereich. So findet auf unserem Gelände das mehrtägige Musikfestival Parookaville statt, das zuletzt ca. 80.000 Menschen hierher nach Weeze brachte. Rund um Weeze ist dann im absoluten Ausnahmezustand und wir müssen alle Kräfte mobilisieren, damit diese Riesenmenge Menschen feiern kann, wir aber unseren  Flugbetrieb reibungslos aufrechterhalten können. Wir wollen diese Events aber als weiteres Standbein. Parookaville z.B ist von drei jungen Männern mit einem Superkonzept- wie ich finde- als Start Up-Unternehmen gegründet worden. Solche Großveranstaltungen sind Risiko pur, aber es sieht so aus, als hätten sie es geschafft.“

Risiko! Ein gutes Stichwort für Karsta Dietert. Was heißt es eigentlich für ein Unternehmen, wenn der Eigentümer oder die Eigentümerin unerwartet ausfällt? Was passiert, wenn z.B. der Geschäftsalltag von heute auf morgen ohne Chef oder Chefin weiterlaufen müssen? Und wie kann man für so einen (hoffentlich nicht eintretenden) Fall vorsorgen?

Karsta Dietert kennt als Rechtsanwältin die harten Tatsachen: Ist in einem solchen Fall nicht für Vertretung, Bank- oder Weisungsvollmachten gesorgt, droht schnell der Kollaps und vieles ist nur schwer umkehrbar. Werden z.B. fällige Zahlungen für die Sozialkassen nicht zum Stichtag erledigt, Rechnungen nicht beglichen, laufende oder projektierte Geschäfte nicht lückenlos weiter betreut, kumulieren die Gefahren in Windeseile. Schneller als für möglich gehalten droht durch die Krankenkassen eine Insolvenzklage, flattern Mahnbescheide ins Haus, platzen Aufträge und droht Unsicherheit und Frust bei der Belegschaft. Innerhalb ganz kurzer Zeit kann so ein Eigentümergeführtes Unternehmen in Schieflage geraten

„Nehmen wir z.B. an, Sie haben einen Unfall und fallen für (nur) 4 Wochen aus: Wie sieht es da mit Ihrer formellen Vertretung nach aussen aus? Haben Sie alles geregelt für anstehende Verhandlungen und Verträge? Wer darf jetzt Zahlungsaufträge geben? Kennt noch irgendjemand außer Ihnen alle  wichtigen Passwörter und Schlüssel? Wer kann jetzt dem Team Anweisungen geben?“, fragte Karsta Dietert in die Runde. Schon jetzt ein unüberhörbares Raunen im Publikum.

Es gilt Handlungsfähigkeit zu bewahren. Was ist also zu tun? „Bereiten Sie sich auf den Notfall vor, bevor er da ist, so Karsta Dietert, “und zwar sowohl auf der geschäftlichen als auch auf der privaten Seite. Packen Sie einen „Notfallkoffer“, in dem Sie alles an wichtigen Dokumenten, Urkunden, Passwörtern sammeln und hinterlegen, was für eine reibungslose Vertretung oder (zeitweilige) Geschäftsübernahme notwendig ist. Ja, das kostet Zeit und ist sicherlich mit einigem Aufwand verbunden, vermeidet aber eine Unternehmenskrise, wenn Sie plötzlich ausfallen. Binden Sie in Ihre Notfallvorsorge die Personen Ihres Vertrauens ein bzw. halten Sie sie auf dem Laufenden, was Sie wo und wie geregelt haben. Und Sie sollten den Inhalt des Koffers einmal im Jahr auf Aktualität überprüfen. Im Übrigen, und das sollten Sie nicht unterschätzen, wird eine solche Vorsorgearbeit bei den Banken positiv für das Ranking bewertet.“

In den „Notfallkoffer“ für die Firma gehören Vollmachten, das sogenannte Unternehmertestament (siehe Grafik unten) und der Operative Notfallplan (Checkliste).

Das gleiche gilt für die private Notfallvorsorge. Hier sollten nach Karsta Dietert Vorsorgevollmachten / Patientenverfügung, Unternehmertestament, Ehevertrag, Vermögensaufstellungen, Zahlungsverpflichtungen etc. für den Notfall zu finden sein. Aufbewahrt werden sollte die Dokumentensammlung im Safe oder bei der Bank.

„Vorsorge für den Notfall sichert nicht nur Handlungsfähigkeit und Fortbestand des Unternehmens, sondern auch die Lebensgrundlage der Familie.

Das Vorhandensein einer guten Vorsorge- und Notfallplanung wirkt sich positiv auf Kreditverhandlungen aus und…sichert Ihr Lebenswerk,“ fasste Karsta Dietert abschließend zusammen.

Die anschließende intensive Frage- und Diskussionsrunde zeigte deutlich, dass allen Anwesenden sehr wohl klar ist, dass hier jede noch viel Arbeit in nächster Zeit erledigen muss.

Die meisten haben zwar schon das eine oder andere unternommen, aber noch nicht als Gesamtpaket erledigt. Eine Zuhörerin brachte es auf den Punkt: „Wichtiges Thema, toller Vortrag, aber hat mir jetzt gerade auch ein sehr schlechtes Gewissen gemacht.“

Gabriele Coché-Schüer