Gehören Sie auch zu den über 17 Millionen Frauen,

die nicht nur einen Führerschein besitzen, sondern auch Autohalterinnen sind? Die sich nicht nur tagtäglich durch das Verkehrsgewühl manövrieren, sondern in der Mehrzahl ohne Anzeichen eines Nervenzusammenbruchs sowohl prima rückwärts einparken und wenn nötig, auch mit Wohnwagen und anderen Anhängern hantieren können? Die ihre Autos selbst aussuchen, kaufen und selbst bezahlen? Und die trotzdem das untrügliche Gefühl haben, in den glitzernden Autohäusern von dem zumeist männlichen Verkaufspersonal als potenzielle Kundinnen nicht für voll genommen zu werden?

Dann sind wir bereits mitten im Thema, denn am vergangenen Freitag war das Duisburger Skoda „Autohaus am Großmarkt“ voll von Frauen, die sich ganz selbstverständlich für das Automobil sowohl im Allgemeinen als auch im Speziellen interessierten.

„Tessa und Sissi, ich freue mich so, dass wir heute Gast sein dürfen bei Euch. Ihr werdet demnächst Chefinnen in diesem tollen Autohaus, Eure Eltern werden die Staffel an die nächste Generation weitergeben. Für mich seid Ihr damit beide echte Role Models in einer Branche, die bis heute eine echte Männerdomäne ist.“ sagte Barbara Baratie in ihrer Begrüßung. „Und wir freuen uns noch mehr, dass Ihr Euch beide unserem Unternehmerinnen-Netzwerk angeschlossen habt.

Ebenso gerne begrüße ich heute als neue Mitgliedsfrau Carolina Schoob, die ihr Software-Unternehmen modulon Webservice GmbH in Kamp-Lintfort hat. Und da nichts über gut funktionierende Netzwerkarbeit geht, danke ich an dieser Stelle ganz herzlich Magdalena Kowalczyk, die Leiterin des Kompetenzzentrums Frau und Beruf Niederrhein, dass wir diesen Abend in Kooperation gestalten konnten.

Tessa Cramer-Biermann und ihre Schwester Sissi Figura sind ganz frisch Mitgliedsfrauen im unternehmerinnen forum niederrhein geworden und haben in das (noch) von den Eltern geführte Autohaus eingeladen. Mit optimistischem Blick in die Zukunft, neuen Ideen und viel Energie bereiten sie sich darauf vor, den Betrieb ihrer Eltern gemeinsam zu übernehmen. Mit einem „Autohaus von Frauen für Frauen“ möchten sie ganz gezielt auch die weibliche Kundschaft ansprechen.

„Wir machen uns ganz bewußt stark für dieses Konzept“, erzählt zu Beginn Tessa Cramer-Biermann, „und richten uns insbesondere an Frauen, die sich immer wieder darüber ärgern, dass sie in den Verkaufsräumen der großen Autohäuser als Kundinnen gerne mal übersehen werden, an solche Frauen, die nur mit einem Mann in ein Autohaus gehen, weil sie nicht über den Tisch gezogen werden wollen; Frauen, die von den Werkstattmitarbeitern vorzugsweise ignoriert werden, weil diese lieber dem Mann alles übers Auto erklären, an Frauen, die eigentlich viele Fragen zur Inspektion haben, sich aber nicht trauen zu fragen. Hier wollen wir anders sein als soeben bei den drei „Impronetten“ gesehen!“

Die nämlich hatten zuvor eine typische Autokaufsituation improvisiert: Frau will Auto kaufen, mietet sich ahnungsvoll und sicherheitshalber für den Autohausbesuch eine männliche Begleitung (Roy!). Der hat hat zwar null Ahnung von Autos, wird aber unbeirrt von dem aufgeblasenen Autoverkäufer mit technischen Daten zugeschwallt. Die eigentliche Kundin, die immer wieder versucht, hoch sachkompetent detaillierte Fragen zum Wunschauto loszuwerden, wird dauerhaft überhört und angelegentlich aufgefordert, sich doch schon einmal die Polstermuster anzusehen.

Sissi Figura ist die Frau für den technischen Betrieb, sie hat den Blaumann anbehalten (aber mit Spitzenbluse). Sie erklärt, warum es ihr so wichtig ist, zu ihren Kundinnen ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen: „Ich weiß ja als Mutter eines kleinen Kindes, was Frauen wichtig finden, wenn sie z. B. mit ihren Kindern unterwegs sind. Ich erkläre, wie der Isofix für den Kindersitz funktioniert, die Kindersicherungen- wir probieren gleich hier aus, ob und wie der Kinderwagen ins Auto passt. Ich erkläre jedoch genauso gut, warum etwas jetzt repariert werden muss und zeige das auch ganz praktisch, sage aber auch, wenn etwas noch ein wenig warten kann, wir erklären Rechnungen und Leistungen. Wir haben hier eine Spielecke für Kinder, eine Wickelstation, eine Stillecke, alles, was einen Besuch bei uns entspannt sein lässt.“

Dass so viel Frauenpower ins elterliche Unternehmen kommen würde, war lange nicht ausgemacht. „Obwohl, die Richtung war schon angezeigt, erklärt Kirsten Cramer-Biermann, Mutter der beiden Jungunternehmerinnen, „beide haben in großen Autohäusern ein duales Studium absolviert und bereits einige Jahre Erfahrung. Sie hätten auch ganz leicht ihre Karrieren dort fortführen können. Dass sie sich für unseren Betrieb entschieden haben, macht mich stolz und glücklich.“

Beide Töchter zog es wieder zurück, im Gegensatz zum Bruder, der signalisierte, dass er den Betrieb nicht übernehmen will. Heute ist Sissi Figura Serviceleiterin und absolviert aktuell noch eine Ausbildung zur KFZ-Mechatronikerin („Man muss ja wissen, was warum in der Werkstatt passiert“). Nicht genug damit – der kugelrunde Bauch im Blaumann zeigt, dass der kleine Toni bald nicht mehr allein ist. Für die Verkaufs- und Vertriebsleitung ist Tessa zuständig.

Vorangegangen waren viele Diskussionen am Familientisch und wie Tessa betont, die Unterstützung durch einen wirklich engagierten Berater. „Es ist eine große Verantwortung, das weiterzuführen, was unsere Eltern hier aufgebaut haben. Sie haben ihr Unternehmen klug aufgestellt und es steht auf soliden Beinen. Das wollen wir erhalten. Eine große Herausforderung, wie wir finden. Wir wissen aber auch, dass unsere Eltern uns zur Seite stehen.“

„Wir sind ein echtes Familienunternehmen, „unser Papa hat hier an dieser Stelle eine Tankstelle gehabt, unsere Mama hat im Service gearbeitet – tja, und sie haben sich ineinander verliebt. 1992 haben sie gemeinsam die Autofirma gegründet – damals übrigens der erste Skoda-Partner in NRW. Im Laufe der Zeit kamen Service- und Karosseriehalle hinzu. Wie man draußen auf dem Betriebshof sieht, wird es mittlerweile ziemlich eng. „Im Verhältnis zu den großen Markengruppen sind wir ja klein, aber das soll auch so bleiben, denn das ist auch unser Alleinstellungsmerkmal, unsere Kundinnen und Kunden sind für uns keine Nummer, wir wollen den persönlichen Kontakt und gute Beziehungen. Andrerseits sind die meisten Mitarbeiter schon so lange da, wie wir beide denken können. Für meine Eltern und uns sind auch sie Familie.“ erklärt Sissi.

Die Frage, ob man hier nicht den Druck und die Abhängigkeit der großen Marke VW mit all ihren Vorgaben spürt und jetzt auch die aktuellen Probleme der Automobilindustrie, beantwortet Tessa. „Natürlich geht das auch nicht an uns vorbei. Aber mein Vater hat schon früh dafür Sorge getragen, dass die Abhängigkeit nicht zu groß wird. Wir reparieren alle Automarken und wir verkaufen gute Gebrauchtwagen. Wenn wir aktuell nichts Adäquates anbieten können, bin ich Scout und suche z.B. im Kundenauftrag nach einem entsprechenden Modell. Und noch eines: eine gute Nachbetreuung nach einem Autokauf ist uns sehr wichtig. Wir wollen das Vertrauen unserer Kundinnen und Kunden. Wir denken, dass wir hier gut aufgestellt sind.“

Die Gäste sollten aber auch etwas lernen, wenn sie schon mal da waren. Und nun war auch klar, warum Sissi noch den Blaumann anhatte: denn jetzt wurde es praktisch. Sissi holte aus dem Kofferraum des Vorführautos Wagenheber, Felgenschlüssel, Drehmomentschlüssel und erklärte Schritt für Schritt, wie ein Reifen gewechselt wird. Wir haben alle fasziniert zugeschaut, wie sie das mit ihrem Babybauch managte… Dann kam der Blick unter die Motorhaube: Öl, Wasser, Überbrückungskabel!

„Alles tatsächlich kein Hexenwerk“, meinte Sissi, und irgendwie fanden wir das auch. Jedenfalls haben wir wieder dazugelernt und hatten zudem noch Spaß.

Draussen stand Mel’s Food Truck. Wir wurden von Mel’s Team nicht nur den ganzen Abend mit tollem Fingerfood versorgt, sondern „am Truck“ konnte man sich zudem für Pasta oder Hähnchen entscheiden. Alles „echt lecker“ und vielen Dank dafür!

Und wären das nicht alles schon die Zutaten für einen tollen Netzwerkabend, gab es zum Abschied noch einen Einkaufskorb für’s Auto! Mit Werbung für das ‚Autohaus am Großmarkt‘ – den werden wir ab jetzt natürlich alle bei jedem Einkauf gerne präsentieren!

Text Gabriele Coché-Schüer
Fotos Jacqueline Wardeski