Zugegeben, Sabrina Rizzo mit ihrem aussergewöhnlichen Thema hätte ich lieber im heimeligen Buchladen von Sabine Friemond erlebt. Rein aus atmosphärischen Gründen. Andrerseits wäre höchstwahrscheinlich bei der hohen Anzahl von Anmeldungen der Buchladen aus allen Nähten geplatzt.

So fand das Treffen also kurzfristig in einem Saal des Restaurant Freesmann statt. In Eppinghoven- Niemandsland zwischen Voerde und Dinslaken. Nur gut, dass sich unsere Mitgliedsfrauen und deren Gäste nie von niederrheinischem Outback, Umleitungen, Staus und Sperrungen auf Autobahnen, Dunkelheit, fehlenden Parkmöglichkeiten und widrigem Wetter abschrecken lassen. Zu den Treffen kämpfen sie sich verlässlich durch!

Es hat sich auch dieses Mal gelohnt. Denn auch Sabrina Rizzo hat den Weg hierher gefunden. Barbara Baratie verwies in ihrer Begrüßung unseres Gastes noch einmal darauf, dass Sabrina Rizzo neben ihrer Beratung und Schulung von Führungskräften, Teams und Privatpersonen auch immer wieder zu schwierigen Vernehmungen bei der Polizei hinzugezogen wird, wenn es zu keiner Kommunikation zwischen Tatverdächtigem und Polizeibeamtinnen und -beamten kommt- oder anders gesagt, wenn der oder die Tatverdächtige schweigt und nicht kooperiert. Dann nämlich kommt es darauf an, „das Gesicht zu lesen“.

„Natürlich hört es sich immer aufregender an, wenn bei der Beschreibung meiner Arbeit zuerst die Zusammenarbeit mit der Polizei genannt wird. Das ist spektakulär und auch wird gerne als Aufmacher von den Medien genommen, steigt Sabrina Rizzo ins Thema ein. „Es ist aber nur nur ein Teil meiner Tätigkeit. Als Verhandlungsexpertin will ich alle diejenigen voranbringen, die ihre Verhandlungstechnik verbessern und verfeinern wollen. Häufig kommt es auf kleine Details an, die man im Gespräch bei seinem Gegenüber übersehen oder nicht richtig interpretiert hat und die ein Verhandlungsgespräch nicht rund laufen lassen. Zu erkennen und einordnen zu können, welche „Denke“ meine Gesprächspartnerin oder -partner hat, verschafft mir mehr in jeder Situation Verhandlungssicherheit und -hebel.“

An diesem Abend bekamen wir einen spannenden Überblick über das 4-Bausteine-Rizzo-Konzept

  1. Emotionen erkennen
  2. Überzeugen können
  3. Fragetechnik beherrschen und
  4. Lügenerkennung und Wahrheitsfindung

das, wenn man es als Ganzes nutzen kann, dazu beiträgt, der Persönlichkeit und Haltung von Menschen kommunikativ besser zu begegnen, so Sabrina Rizzo’s Credo.

„Es geht mir ganz wesentlich darum, Menschen zum genauen Hinsehen und Beobachten ihres Gegenüber zu bewegen. Ich stelle immer wieder fest, dass alle am Verhandlungsprozess beteiligten Parteien einen gravierenden Fehler machen: sie beobachten ihre Gesprächspartnerinnen und -partner nur teilweise, lassen sich in entscheidenden Momenten ablenken, verpassen so genau den einen Augenblick die Bewegung im Gesicht oder Körper des Gegenüber, der Dreh- und Angelpunkt in der Verhandlung gewesen wäre.
„Es geht sehr häufig gar nicht darum, was wir sagen, sondern wie wir es sagen.“

Sabrina Rizzo hat über viele Jahre in unterschiedlichen hochsensiblen Arbeitsfeldern ihre Fähigkeiten des Facereading, Facescreening, der Analyse von nonverbaler Kommunikation immer weiter vertieft und verfeinert und sich eine hohe Reputation bei Polizeibehörden, Unternehmen, aber auch Privatpersonen erarbeitet. Gerade bei aussergewöhnlich schwierigen polizeilichen Vernehmungen trägt eine detailgenaue Analyse von Mimik und nonverbaler Kommunikation zur Aufklärung von Fällen bei.

Die Makro- und Mikroexpressionen des Gesichtes sind das A und O des Facereading

Zu wissen, wie man erkennt, ob eine Person sagt, was sie denkt, ist ein Stück weit eine Frage der bewussten Übung. Manchmal sagt in bestimmten Gesprächssituationen schon der Bauch: Hier stimmt etwas nicht. Was nicht stimmt, lässt sich dann oft schon mit einigen schnellen „checks“ abklären: „Sagt die Person tatsächlich, was sie denkt?“ „Signalisieren Augen und Mimik das Gleiche?“ „Wie ist die Körperhaltung?“ Merke ich, dass ich so nicht weiterkomme, versuche ich, im Gespräch durch geschickte Fragen herauszufinden, wie ihre „Normalhaltung“ (Baseline) ist, also kann ich ihre Persönlichkeit einschätzen?“, sagt die Expertin. „Viele Emotionen wie Wut, Angst, Freude, Ekel, Verachtung, Trauer sind im Gesicht erkennbar. Gelebtes Leben gräbt sich in Gesichtslinien. Versuchen Sie, im Gesicht ihres Gegenüber zu lesen!“

Bei Verhandlungen – gleichgültig ob im Geschäfts- oder Privatleben -geht es immer um ein Aushandeln. Soll dieser Prozess fair verlaufen, müssen Augenhöhe und Gleichgewicht hergestellt werden. „Jemand, der das Gefühl hat, nicht fair und gleich behandelt zu werden, wird „zumachen“ – nicht kooperieren.“, so Sabrina Rizzo. Aus ihrer langjährigen Praxis weiß sie, wie häufig eine solche Haltung insbesondere bei Vorgesetzten vorhanden ist, die immer noch das Prinzip des top-down hochhalten. Gerade in dieser Gesprächskonstellation: Vorgesetzte und Mitarbeitende- kommt es immer wieder zu klassischen Kommunikationsdesastern. Der oder die Vorgesetzte vermeidet unbedingt den Blickkontakt, nimmt den Gedanken des Mitarbeitenden nicht auf, zeigt äußerlich kein Interesse, verbreitet durch seine Körperhaltung eine unangenehme Atmosphäre. „Hören Sie doch einfach mal plötzlich mit dem Sprechen auf,“ schlägt sie vor, als eine Zuhörerin genau das bestätigt, dass nämlich ihr Chef sie bei den regelmäßigen Jour fixes nie ansieht und immer angelegentlich mit einem Gegenstand auf dem Tisch rumspielt. „Sie werden sich wundern, was passiert. Damit rechnet er nämlich nicht, wird aber reagieren müssen.“

Frauen erleben übrigens viel häufiger Gespräche, die für sie nicht nur unangenehm sind, sondern auch nicht so ausgehen wie erhofft. Männer haben sich häufig Verhaltensmuster antrainiert: Sie versuchen, mit einem Pokerface keine Emotionen nach außen zuzulassen, bewegen sich nicht, nehmen eine raumgreifende Körperhaltung an, geben selten Feedback. Frauen lächeln auch in schwierigen Gesprächssituationen häufiger und wirken dadurch freundlicher, nachgiebiger, leichter zu überzeugen.

„Sie kann Körpersprache und Gesichter lesen“ – dieser Ruf geht Sabrina Rizzo immer öfter voraus. In Firmentrainings erlebt Sabrina Rizzo nicht selten, dass, wenn sie im Flur auftaucht, die Bürotüren leise zugehen. Der Gedanke, womöglich sprichwörtlich seziert zu werden, behagt den wenigsten. Als sie das erzählt, geht ein Schmunzeln durch den Raum. Ja genau, wir alle wussten sofort Bescheid – das wollen die wenigsten.

Wer hat nicht schon häufig bei einer Unterhaltung gedacht: „Das ist doch gelogen?“ Hier ist nicht das ganz offensichtliche Dickauftragen gemeint, sondern die vielen alltäglichen versteckten Lügen und Unwahrheiten. Im Privaten wie im Geschäftsleben haben Lügen oft gravierende Auswirkungen bei Gesprächen. „Wir alle werden jeden Tagen mit Wahrheit und Lüge konfrontiert. Wäre es nicht gut, wenn Sie dazwischen treffsicher unterscheiden könnten? Wie vermeide ich, dass ich Opfer von Lügen werde?“ fragte Sabrina Rizzo in die Runde, „wieder mit einem genauen Blick ins Gesicht des Gegenüber. Sie können, wenn Sie es üben, viel an den Augen und an der Mundmimik erkennen. Mundwinkel zeigen beim Sprechen Verachtung, Zynismus, Schadenfreude, aber auch z.B. Angst, Augen spiegeln Emotionen wider. Jedes Gesicht ist wie ein Fingerabdruck, einmalig und unvergleichlich! Die Muskulatur, die unser Gesicht formt, formt sich durch unsere Gedanken. Gedanken werden zu Emotionen und Emotionen mobilisieren, wiederum unsere Gesichtsmuskulatur. Wenn wir über Jahre eine Lebenshaltung in uns tragen, so ist es nicht verwunderlich, dass sich diese aufgrund der trainierten Muskulatur ablesen lässt.“

Nach vielen praktischen Beispielen und Tipps sahen die (sehr) aufmerksamen Zuhörerinnen ein: Die Theorie über das Lügen und Lügen-Erkennen ist genauso komplex und spannend wie die der 3 anderen Bausteine. Wer hier an seiner Kompetenz feilen will, dem sei unbedingt das Buch von Sabrina Rizzo* empfohlen.

„Wir alle werden jeden Tagen mit Wahrheit und Lüge konfrontiert.
Wäre es nicht gut, wenn Sie dazwischen treffsicher unterscheiden könnten?“

Zum Ende ihres Vortrages kam aber noch das „Extra“. Das Facereading sollten wir alle einmal selbst ausprobieren. Hier wurde ein Selfie zu Hilfe genommen, die Gesichtshälften mit einem Papier o.ä. unterteilt. Es zeigte sich, dass die Gesichtshälften jeweils andere Informationen über die Person offenbarten. Danach gab es nur noch Raunen und kein Halten mehr – alle wollten jetzt mehr über ihr Gesicht wissen. Was zu erwarten war: Sabrina Rizzo stand noch lange nach ihrem eigentlichen Vortrag und beantwortete geduldig unzählige Fragen.

Es gab im Übrigen noch mehr Erfreuliches: Wir konnten drei neue Mitgliedsfrauen begrüßen:
Sabine Friemond, Buchhandlung „Lesezeit“  die zukünftig auch für mehr Nachschub bei den Buchtipps auf unserer Website sorgen wird,
Birgit Beier, Private Praxis für Physiotherapie und Yoga
Jessica Prumbohm und Birgit Kumpmann, Akademie Klausenhof

…und wir konnten endlich unserer Fotografin Marjolein van der Mey zu ihrer Hochzeit persönlich gratulieren. Leslie Clostermann hatte ihr einen wunderschönen Geschenkkorb zusammengestellt.

* Das Rizzo-Konzept: Was Sie wissen müssen, um Menschen zu durchblicken
Preis 19,90 € Paperback, 17,99 € Kindl
ISBN 978-3864708480
‎books4success; 1. Edition (6. April 2023)
(natürlich auch zu beziehen über Buchhandlung „Lesezeit“ Sabine Friemond, Voerde

Text: Gabriele Gabriele Coché-Schüer


Fotos: © Maro Fotodesign – maro-fotodesign.de