Es ist schon fast eine Landmarke, wenn man auf der A40 aus den Niederlanden kommt oder dorthin fährt und in Höhe Straelen-Niederdorf ist: Das Betriebsgelände der Spedition Raeth mit seinen parademäßig geparkten 40-Tonnern. Ein absoluter Hingucker, denn nicht nur die LKWs haben die markanten Firmenfarben blau-türkis und rot, sondern auch die Firmengebäude sind in diesen Farben gehalten.

Würden alle zur Spedition gehörenden „ziehenden Einheiten“, wie es in Fachkreisen heißt, auf einmal auf dem „Heimatparkplatz“ stehen, wären es 120 dieser beeindruckenden Transporter…

Wir durften nicht nur im Vorbeifahren mal kurz auf die Spedition schauen, sondern waren von Gabriele Brimmers zum jour fixe eingeladen, um uns diesen in vieler Hinsicht spannenden und innovativen Betrieb anzusehen. Gabriele Brimmers ist seit den Anfangsjahren des unternehmerinnen forum niederrhein aktive Mitgliedsfrau.

Für uns als unternehmerinnen forum niederrhein war der Besuch in Straelen ein langgehegter Wunsch. Wir wussten, da hat sich Gewaltiges getan. Und wer es jetzt Ende September irgendwie einrichten konnte, war daher mit von der Partie. Schon bei der Einfahrt auf das Gelände wurden wir schwungvoll von Jakob Brimmers auf das Gelände gelotst, dessen Zugang ansonsten eletronisch gesteuert wird. Und gleich am Eingang wurden wir sehr charmant mit einem Begrüßungssekt empfangen.

Gabriele Brimmers, Foto: Thomas Mill, www.peoplefotografie-aus-geldern.deIn ihrer Begrüßung gab uns Gabriele Brimmers einen kurzen Einblick in die Firmengeschichte:

„Wir sind ein familiengeführtes international arbeitendes Unternehmen in der 3. Generation, gegründet 1945 von Jakob Raeth, der kurz nach dem Krieg in der Region überwiegend Kohlen, Briketts und Gemüse transportierte.

1966 steigen Heinrich und Karola (Tochter von Jakob Raeth) als persönlich haftende Gesellschafter in das Unternehmen ein (Jakob Raeth oHG)

1972 zieht die Spedition in das Gewerbegebiet „An der Bleiche“.

1998 wird die GTV Logistik & Transport GmbH durch den Zusammenschluss NBV UGA mit drei anderen Gesellschaftern gegründet.

2001 haben die beiden Söhne Jakob und Lambert Brimmers als Gesellschafter die Nachfolge angetreten. Die dritte Generation. Es entsteht die Jakob Raeth GmbH & Co. KG.

2006 Gründung der RM Pflanzenlogistik GmbH

2013 Gründung der Plant Logistik GmbH durch Übernahme der LIH in Leingarten.

2019 zieht die Spedition Raeth zusammen mit den Tochterfirmen RM Pflanzenlogistik GmbH und GTV Logistik & Transport GmbH in die neue Unternehmenszentrale am „Heronger Feld“ ein.

Unser Hauptgeschäft ist der regionale und überregionale Transport von Pflanzen und Blumen. Wir sind hier im Grenzgebiet ganz nah an den großen Pflanzenbörsen und sorgen dafür, dass die Blumen frisch und zeitnah zu ihren Bestimmungsorten kommen.

Zur Zeit haben wir 150 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, davon 20 in der Verwaltung.

Wir machen aktuell einen Umsatz von 22 Mio Euro.

Mein Mann Jakob ist kümmert sich um das Kaufmännische, also Finanzen, Akquise, Kundenbindung, mein Schwager Lambert für das operative Geschäft, also Disposition, Fuhrpark. Ich bin verantwortlich für die gesamte Finanz- und Lohnbuchhaltung, Verwaltung und Personal.

Wie Ihr gleich bei unserem Rundgang sehen werdet, haben wir uns bei der Planung der Gebäude sehr viel Gedanken darüber gemacht, wie die jeweiligen Bereiche Disposition, Aufenthaltsräume für die Fahrer (und jetzt auch Fahrerinnen), Büros, Werkstatt und Lagerhallen ausgestattet sein sollen, damit a l l e Mitarbeitenden sich wohl fühlen und gerne in unserem Unternehmen arbeiten. Als Familienunternehmen ist uns eine gute Unternehmenskultur immer wichtig gewesen. Dass wir damit richtig liegen, zeigen die vielen langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Haus.“

Weil wir so viele (über 30 Frauen und 1 männlicher Gast) waren, ist eine Gruppe mit Jakob Brimmers unterwegs gewesen und eine Gruppe hat Gabriele übernommen. Immer mit von der Partie: Tobias Brimmers, 29, Sohn von Gabriele und Jakob Brimmers und seit kurzem im Unternehmen aktiv. Die 4. Generation steht in den Startlöchern. Florian, mit 31 Jahren der ältere Sohn, arbeitet auch schon im Unternehmen. Er ist aktuell in der Niederlassung Leingarten/ Heilbronn stationiert. Natalie Brimmers, Tochter von Mitgeschäftsführer Lambert Brimmers, war ständig unterwegs und kümmerte sich um das Wohlergehen der Gäste. Sie unterstützt die von Gabriele Brimmers geleitete Buchhaltung. Henry Brimmers, Sohn von Lambert Brimmers und jüngstes Mitglied der vierten Generation, leitet die Werkstatt.

„Allein die langjährige Suche nach einem auch für die Zukunft geeigneten Firmengelände ist schon eine eigene abendfüllende Geschichte“, erzählte Gabriele, „eigentlich haben wir uns fast 15 Jahre mit einem Neubau beschäftigt, intensiv gesucht und als wir uns für dieses Grundstück entschieden haben, erst einmal lange und gründlich geplant. Erst später haben wir einen Architekten hinzugenommen, der unsere Pläne baufähig gemacht hat und den Prozess gesteuert hat. 30.000 Quadratmeter. Das hört sich irre viel an- und ist es ja auch. Wir wussten aber eigentlich genau, was wir wollten und standen schon lange Jahre mit der Stadt Straelen und dem Kreis Kleve in Kontakt. Es gibt sehr viele Vorschiften und Bestimmungen für einen Betrieb wie dem unsrigen, der ja einen Tag- und Nachtbetrieb hat. Die LKWs kommen spätabends rein und fahren sehr früh vom Hof. Die Lärmschutzbestimmungen sind sehr streng. Also, ausreichend weit weg von privater Bebauung und trotzdem optimale Verkehrsanbindung- das waren schon einmal Grundvoraussetzungen. Wir wollten nachhaltig bauen und zukunftsorientiert. Unser Motto heißt ja auch „Wir fahren in die Zukunft“.

Die Büros sind alle hell, modern, alles natürlich mit modernster Technik und mit Schallschutz ausgestattet, was z.B. in den Räumen der Disposition, wo ununterbrochen telefoniert und agiert wird, enorme Erleichterung verschafft. Über GPS kann auf einem Riesen-Display jeder LKW unterwegs lückenlos getrackt werden. Tobias Brimmers: „Wir können praktisch jede Bewegung nachvollziehen, Fahrten, Pausen, Staus. Die Disposition kann somit Ankunftszeiten, Verspätungen, Reservierungen für Be- und Entladungen zuverlässiger kalkulieren.“

Uns fällt sofort das wunderschön eingerichtete kleine Kaffeebistro in der Verwaltung auf.

Über ein zweites Treppenhaus geht es in die Räume der Disposition. Auch hier alles hell und freundlich, über einen Code zugänglich für die Fahrer, die hier auch die Möglichkeit haben, zu duschen, einen Kaffee zu trinken und sich in einer Küche eine Mahlzeit zuzubereiten. Sogar zwei Zimmer stehen zur Verfügung, in denen Fahrer übernachten können. und es gibt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen (sehr geschätzten) weiteren Treffpunkt. Eine komplett eingerichtete Küche mit eigener Terrasse – und Grill. Von Zeit zu Zeit wird hier gerne mal gemeinsam gekocht oder gegrillt.

Unsere Begeisterung für dieses Gebäude wuchs praktisch von Flur zu Flur, von Raum zu Raum,. Aber wir waren ja noch lange nicht am Ende. Wir kommen in eine 4000m² große Halle, die teilweise für Pflanzen als Kühlraum genutzt kann, aber – wie gerade – ebenso zur Lagerung und Kommissionierung für andere Produkte geeignet ist. „Das ist ein spannendes Geschäft“, erzählt Jakob Brimmers, „nach und nach verstehe ich auch die Lager-, Verkaufs- und Wiederverkaufszyklen von Saisonartikeln. Seit dem Sommer lagern wir z.B. hier unter anderem Christbaumständer und Weihnachtsdekoration. Was nicht verkauft wird, kommt wieder zurück und wird dann in der nächsten Saison in den Billigmärkten verkauft.“

Mit Jakob und Gabriele Brimmers ging es jetzt weiter in die Werkstatt. Das ist die Domäne von Lambert Brimmers. Er ist zuständig für die Logistik, Disposition und Fuhrpark. Und als wäre es nicht schon ein Sechser im Lotto, dass sich die beiden Söhne von Gabriele und Jakob mit ihrem Profil super ins Unternehmen eingepasst haben – so ist der Sohn Henry von Lambert Brimmers, ausgebildeter Mechatroniker und – leitet die firmeneigene Werkstatt. Wenn Nachfolge überall so selbstverständlich ablaufen würde!

Auf die Nachfrage, wie denn überhaupt eine Unternehmensführung mit der Familie funktioniert, verrät Gabriele ein ganz einfaches Rezept: „Wir reden viel miteinander, haben strikt getrennte Zuständigkeiten und gehen mit Respekt und Wertschätzung miteinander um.“

Im Übrigen tut die Firma Raeth viel für das Heranziehen von eigenem Nachwuchs. Es wird ausgebildet. Es werden Kaufleute ausgebildet und Kraftfahrer. Jetzt wird zum ersten Mal eine junge Frau als Berufskraftfahrerin ausgebildet.

In der riesigen Werkstatt – schließlich muss hier ein 40 Tonnen-LKW reinpassen- ist alles, was es in in einer normalen Autowerkstatt auch gibt- nur alles in gigantischen Dimensionen- wie z.B. die unterschiedlichen Sätze Reifen. Viel Gummi! Von nahem bekommt man als Normal-PKW-Fahrerin schon ordentlich Respekt, wenn man direkt daneben steht. Hier in der Werkstatt werden die kleineren Reparaturen und Wartungen vorgenommen. Für Größeres geht es in die entsprechenden Fachwerkstätten. Von der Werkstatt aus geht es weiter in die Waschanlage. Was heißt Waschanlage. Auch hier ist alles wieder riesig, die Wasserdüsen, die Bürsten, einfach alles. Wir selbst fühlten uns in diesem Bereich von Meter zu Meter winziger. Und: Da die LKWs nicht nur Pflanzen, sondern auch Lebensmittel transportieren, wird hier auch innen gründlich „gekärchert“. Das Brauchwasser wird wieder aufbereitet.

Wir nähern wir uns nun dem finale furioso. Einer der Fahrer lässt uns in sein Allerheiligstes. Wir dürfen ins Führerhaus steigen und endlich einmal live und in Farbe sehen, wie so ein Mann, der einen Großteil seines Lebens am Steuer seines LKW verbringt, seinen Arbeitsplatz ausstaffiert.  Es ist bereits dunkel geworden. Der Fahrer lässt es sich nicht nehmen und schaltet seine komplette „Festtagsbeleuchtung ein. Eine gemütliche Bettkoje, das Armaturenbrett sieht aus wie ein Cockpit, ein Riesenlenkrad und natürlich fehlt es nicht an diversen Dekoartikeln, LED-Lichtern und das Namensschild von der Liebsten.

 

Zwischenzeitlich hatte Malina oben im Büro ein grandioses Fingerfood-Buffet aufgebaut. Nach dieser Flut von Informationen hatten wir es uns redlich verdient. An dieser Stelle vielen Dank an Gabriele, Jakob, Tobias und Natalie Brimmers sowie an die so freundlichen und aufmerksamen Mitarbeiterinnen für diesen spannenden Abend.

Tipp: Wer noch mehr über Gabriele Brimmers erfahren möchte, dem sei das Interview mit ihr aus dem Jahr 2019 empfohlen.

Text Gabriele Coché-Schüer
Fotos: Thomas Mill, https://www.peoplefotografie-aus-geldern.de/