Krisenzeiten sind Zeiten der Veränderungen.

Ja, das stimmt. Und sicher stimmt auch, dass die Veränderungen und Auswirkungen, die eine solche Krise, wie sie die Corona-Pandemie weltweit für Wirtschaft und Gesellschaften mit sich gebracht hat und weiter bringt, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung ausschlagen können.

Eine schier unübersehbare Menge an  klugen Analysen, Studien und Lösungskonzepten für die Menschen, die in  Unternehmen und Betrieben führen, entscheiden und arbeiten,  werden seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 in allen medialen Kanälen verbreitet und diskutiert.

Wie finde ich hier ein passendes Konzept im Umgang mit der Krise für meine Arbeit, für meinen Betrieb, für mein Unternehmen? Wie geht zukunftssicher? Alles, was vor der Krise galt und leidlich funktionierte von rechts auf links drehen, alles  umkrempeln, das Rad neu erfinden?

„Nein“, sagt Dr. Anke Nienkerke-Springer,  „eine Krise ist zwar immer ein günstiger Zeitpunkt, um ‚alles‘ zu hinterfragen. Das beginnt beim Geschäftsmodell und geht weiter zu der Frage, ob es noch das richtige Produkt ist, zu  Kundenbeziehungen und Marktposition. Immer unausweichlicher drängt sich auch die Frage nach einer partizipativen  Unternehmenskultur auf.  Aber ganz klar: „Unternehmen müssen sich nicht ständig neu erfinden, sondern sich ständig neu ausrichten.“

„Unternehmen müssen sich nicht ständig neu erfinden,
sondern sich ständig neu ausrichten.“

Ein ganzes Jahr online-Treffen. Ein  ganzes Jahr das Bemühen, im unternehmerinnen forum  niederrhein zu den Mitgliedsfrauen den Kontakt zu halten, Unterstützung  anzubieten und in digitaler Form „Wissenshäppchen“ und positive Impulse für ihre Arbeit zu offerieren. Bereits in den beiden vorangegangenen digitalen Treffen war den Teilnehmerinnen eine gewisse Video-Müdigkeit  anzumerken. Fast jede von uns verbringt jetzt schon tagsüber notwendigerweise viele Stunden vor dem Computer. Dann abends noch zusätzliche zwei Stunden Denk- und Netzwerkarbeit?

Ursprünglich war ein Abend mit Dr. Anke Nienkerke-Springer schon im vergangenen Jahr als Präsenzveranstaltung in der ‚Alten Apotheke‘  in Dinslaken geplant. Sehr schön und sehr optimistisch gedacht in scheinbar nie endender Coronazeit.  Aber das Thema „Zukunftsdenken und Krisenresilienz“ ist derzeit einfach zu zwingend, als dass man es hätte fallen lassen können. Nun also „voll digital“.

Und tatsächlich waren es an die 30 Teilnehmerinnen (und ein Teilnehmer), die an diesem Abend online dabei waren.

Die Unternehmensberaterin und Buchautorin Anke Nienkerke-Springer ist seit vielen Jahren im Geschäft und weiß, dass Krisenzeiten „wie ein Brennglas wirken und die Schwächen und Probleme deutlich machen, die bis dahin unsichtbar geblieben sind. Führungskräfte können nicht länger darüber hinwegsehen, an den notwendigen Stellschrauben zu arbeiten, also an den strategischen, strukturellen und Führungsthemen. Die Corona-Krise wirkt hier sozusagen als wake-up  call“.

Viele Veränderungen sehen wir bereits jetzt. Wer hätte gedacht, dass zeitlich stramm organisierte Videokonferenzen  heute Alltag sind?  Vorbei  die aufwändigen, oft zeitraubenden Dienst- und Arbeitstreffen, bei denen man karrieredienlich persönlich anwesend musste, die aber nicht selten ergebnislos endeten. Die Digitalisierung hat in der Krise einen unglaublichen Vorschub erfahren.  Wer hätte sich vorstellen könne, dass Arbeit im Homeoffice zur Normalität werden würde und mehr noch- dass sie funktioniert?

„Prozesse, die bislang bürokratisch schwerfällig abliefen, werden jetzt durchgewinkt. Wichtige Entscheidungen, die vorher über Unterschriftenlisten durch etliche Abteilungen laufen mussten, können plötzlich rasch getroffen und umgesetzt werden. Wo vorher Mikromanagement und Kontrollwahn die Szenerie beherrschten, werden nun Agilität und Flexibilität gelebt“, so Nienkerke-Springer.

Trotz einer gewachsenen Bereitschaft, in der Krise auf Experimente und  Neues zu setzen, zeigt sich jedoch gleichzeitig eine große Verunsicherung und Orientierungslosigkeit.

„Wir leben“, so fasst es Nienkerke-Springer zusammen, “in einer Welt, die von Unberechenbarkeit, großer Unsicherheit, Komplexität und schwer einschätzbarer Mehrdeutigkeit geprägt ist. Planen in die Zukunft erweist sich als nur bedingt möglich.“

Wie also bewegt man sich in so einer Welt? „Denken Sie evolutionär statt revolutionär“ Das ist das Credo von Anke Nienkerke-Springer. „Nehmen Sie die Krise als Wendepunkt und nicht als ständige Gefahr.  Veränderung beginnt im Kopf. Viele Denkweisen sind überholt und werden doch immer und immer wieder hervorgeholt. Entwickeln Sie ein neues MindSet, arbeiten Sie also an Ihrer Haltung, Einstellung und Ihrem Wertesystem. Trauen Sie Ihrem Hirn die Fähigkeit zu, zu „entlernen“ um neu zu lernen.  Haben Sie jetzt den Mut, in Ihrem Unternehmen Schwachpunkte und Versäumnisse anzugehen und immer wieder, wenn nötig, zu verändern. Prüfen Sie, was von dem, was Ihnen während der Krise von außen aufgezwungen wurde, – ich spreche hier von einer  „erzwungenen Freiwilligkeit zur Anpassung“- doch vielleicht dazu taugt, mit in die Zukunft genommen zu werden?( Stichwort: Homeoffice). Entwickeln Sie also eine große Vorstellung von Zukunft – und realisieren Sie sie in kleinen ‚Babyschritten‘.  Laden Sie von Anfang an Ihre Mitarbeiter*innen ein,  an diesem Prozess mitzuarbeiten. Nutzen Sie deren vielleicht anderes oder sogar ganz neue Denken.

Veränderung beginnt im Kopf

 

„Monokultureller Denkstil kann zu Fehleinschätzungen führen.“

Für die Anpassungen  und Veränderungen muss Bewährtes nicht über Bord geworfen werden. Man kann sehr gut darauf aufbauen. Wichtig ist, sich den ständig ändernden Lagen immer wieder neu anzupassen. Voraussetzung ist, dass man seine unternehmerischen Ziele klar vor Augen hat und sich auf das Wesentliche konzentriert, entscheidet, was gut und was nicht gut läuft.  „Evolutionäre Veränderung bedeutet Anpassung auf der Basis des Bewährten.“

Das Handeln vieler Unternehmen in krisenhaften Situationen bestätigt, was der Naturforscher Charles Darwin mit seiner Evolutionstheorie gezeigt hat: Es überleben nicht die stärksten Unternehmen, sondern  vor allem diejenigen, die zur Anpassung und zum Lernen fähig sind.

Wenn es ein Erfolgsrezept in der Krise gibt, da ist sich Anke Nienkerke-Springer sicher, dann ist es die ständige Überprüfung der gegenwärtigen Rahmenbedingungen um dann die Ergebnisse zu nutzen, sich den neuen Umständen anzupassen. Aus der Krise lernen – vom Leben lernen – vom Lernen leben: Wer Lernfähigkeit als Methode etabliert, kann die Wachstums-Chancen nutzen, die sich in der Krise bieten.

Wer sich hingegen sträubt, aus neuen Erfahrungen zu lernen, entwickelt sich nicht weiter. Führungskräfte, die trotz positiver Erfahrungen mit flexiblen Arbeitsformen zur traditionellen Arbeitsweise mit Anwesenheitspflicht rund um die Arbeitsuhr zurückkehren, können kein Mindset aufbauen, mit dem sich Zukunft gestalten lässt.

Wie erleben eigentlich die Teilnehmer*innen ihr derzeitiges Arbeiten mit all den Coronabeschränkungen und-Auswirkungen?“ eröffnete Nienkerke-Springer die Diskussionsrunde.  Alle sind betroffen, fast alle haben Veränderungen in ihrem Arbeitsfeld erfahren und mussten sich neu aufstellen, um auf der Welle zu bleiben und nicht unterzugehen. Auf den Punkt gebracht hat es Korinna Evers, erfolgreiche PR-Frau und Mit-Herausgeberin des Trendguide Niederrhein: „Ich glaube, dass wir hier im unternehmerinnen forum niederrhein schon ziemlich oft nach diesen eben gehörten Ansätzen verfahren. Für uns ist, das kann ich so sagen, diese ständige Reflexion über unser Tun und Handeln, die Anpassung an neue Situationen, bereits Normalität und Überlebensstrategie. Wir arbeiten gerne zusammen, suchen Kooperationen und geben gegenseitige Unterstützung.  Das muss auch, weil wir kleine und mittlere Unternehmungen führen. Wer da nicht flexibel ist, der überlebt keine Krisen.“  Das bestätigte auch Dr. Romy Latka, die als Juristin sowohl Erfahrungen in Großunternehmen hat als auch das Arbeiten in der Anwaltskanzlei kennt: “Große Unternehmen wirken zwar nach Aussen sehr oft modern, innovativ und krisengewappnet- im Innern verändert sich in den (Führungs-)Strukturen reflektorisches Denken und Unternehmenskultur nur sehr langsam. Da lernen kleinere Unternehmungen schneller  und agieren viel flexibler.“
Gabriele Coché-Schüer

Bild-/Grafiknachweis: Nienkerke-Springer

 

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