…ja und nein wäre hier die Antwort. Aber das war ja nicht die Kardinalfrage an diesem Mittwoch im Hause der AOK Rheinland/Hamburg in Kleve und …auf den Humor kommen wir später noch.

Hier ging es grundsätzlich um viele Fragen, was es mit der Künstlichen Intelligenz, deren anscheinend grenzenlose Wirkmächtigkeit alle Welt in Begeisterung und Staunen, aber auch in diffuse Zukunftsängste versetzt, auf sich hat.

Angesichts der zahllosen Informationen mit noch mehr Verheißungen und Prognosen der IT-Fachwelt, was KI in Zukunft alles an Aufgaben übernehmen, optimieren und automatisieren können soll, war es für das unternehmerinnen forum niederrhein an der Zeit, sich dem Thema KI von ganz unterschiedlichen Seiten zu nähern, einzuordnen und gemeinsam mit Expertinnen und Experten sowie unseren Veranstaltungsgästen zu klären, welche Chancen und mögliche Risiken in einem Einsatz von KI für kleine und mittelständische Unternehmen für die Zukunft liegen.

Für diesen Tag konnten nicht nur gewichtige Kooperationspartner wie die AOK Rheinland/Hamburg – Regionaldirektion Kleve –  und Wirtschaftsförderungen der Stadt Kleve (WTM), des Kreises Kleve und die Kreis Wesel EntwicklungsAgentur (EAW) gewonnen werden, sondern mit den Expert:innen der NRW-Bank und dem Mittelstand-Digital Zentrum Rheinland war geballte Sachkompetenz garantiert.

Nach der Begrüßung und einer kurzen Einführung durch Barbara Baratie übernahm unser Gastgeber, Manrico Preissel, Regionaldirektor der AOK Rheinland/Hamburg in Kleve das Mikrofon. „Als mich Barbara Baratie auf eine Zusammenarbeit für diese Veranstaltung ansprach, musste ich nicht lange überlegen. In unserem Haus wird seit vielen Jahren die Digitalisierung aus guten Gründen vorangebracht. Wir bewegen ja Unmengen an hochsensiblen Daten – Daten unserer Versicherten – und es ging und geht hier immer nicht nur um eine Optimierung des Datenmanagements in unserem Haus, sondern auch um die ständige Verbesserung der Serviceleistungen für unsere Kundinnen und Kunden. Heute sind wir an einem Punkt, an dem online Anträge, Anfragen, Schriftverkehr sehr schnell bearbeitet werden können und in Kürze werden wir so weit sein, dass die notwendigen Antragsunterlagen für z.B. Zahnbehandlungen innerhalb von wenigen Stunden mit Hilfe von KI geprüft und – genehmigt werden können. KI ist also bei uns schon im Einsatz. Umso spannender finden meine Kollegin Britta Thielen (Vertriebsleiterin) und ich heute diese Veranstaltung und ich bin freue mich sehr, dass wir hier heute neben viel Expertise auch so viele weibliche Gäste begrüßen können.“

Als weitere Kooperationspartner konnte Barbara Baratie Simone Plum und Janpeter Beckmann von der NRW Bank und Dr. Jan Wilhelm vom Mittelstand-Digital-Zentrum Rheinland begrüßen, die an dem Nachmittag für alle aufkommenden Fragen zu Förderungen und Beratungsunterstützung bereitstanden.

Dr. Lea Schönberger ist nicht nur als Informatikerin „die Frau vom Fach“, sondern sie hat sich als Wissenschaftskommunikatorin und Science Slammerin zur Aufgabe gemacht, Normalsterblichen neue IT-Technologien verständlich und nachvollziehbar zu erklären. In ihrem (ent-)spannenden Vortrag begann sie deshalb schon einmal, den Begriff „KI – also Künstliche Intelligenz“ gründlich zu entmystifizieren.

KI-System (Alltagsdefinition)
„System, das in der Lage ist, denkähnliche Leistungen zu erbringen,
für die üblicherweise der Einsatz menschlicher Intelligenz erforderlich ist“
Lea Schönberger

Womit wir es bei Künstlicher Intelligenz im Allgemeinen zu tun haben, nennt Lea Schönberger „schwache“ KI – im Gegensatz zur „starken“ KI, der man (Gottseidank) nur in Science Fiction Filmen als ebenbürtig oder sogar überlegen begegnet. Es gibt nicht die eine KI. Jede KI muss für ihre jeweiligen Anwendungsbereiche „trainiert“ werden, also über eine (sehr) große und spezifische Datenmenge in den Stand versetzt werden, Aufgaben übernehmen zu können, die sonst Menschen erledigen. „Aber KI kann nicht Denken oder menschliche Denkprozesse reproduzieren, sie kann auch keine verlässlichen Entscheidungen in kritischen Situationen treffen oder eigenständig Schlussfolgerungen und Ergebnisse erklären.“ Also erst einmal Entwarnung – Menschen haben, so Lea Schönberger, immer noch die Macht darüber, was KI können soll.

Künstliche Intelligenz werde bereits heute vielfach in Forschung, Technik, Produktion, Forschung, Wirtschaft, Verwaltung oder Logistik eingesetzt, weil sich Vorgänge und Prozesse über die entsprechenden Datensammlungen immer weiter automatisieren und optimieren lassen, so die Expertin. „Warum sollten Sie also überlegen, KI einzusetzen? Dafür gibt es doch einige gute Gründe z. B. um Kosten zu senken, Effizienz zu steigern, vielleicht um so Personalmangel zu entgegnen, Fehler und Probleme in der Produktion oder Abläufen zu identifizieren und zu vermeiden oder im Marketing z.B. Trends und Kundenbedürfnisse zu erkennen…“

Gerade für den Online-Handel, die Online-Kundenbetreuung, Marketingaktivitäten wird ein weiteres KI-Tool, das Sprachmodell ChatGPT, mit dem mittlerweile weltweit zur Erstellung von automatisierten und frei formulierten Texten, Übersetzungen und Stimmnachrichten gearbeitet wird, immer selbstverständlicher. Aber gerade hier scheiden sich die Geister. Einerseits ein faszinierendes Sprach- und Textwerkzeug, das Großunternehmen, Online-Handel, Banken und Verwaltungen z.B. bereits häufig mit Chatbots einsetzen – andererseits die Befürchtungen, dass durch immer perfektere „Fakes“ Täuschung und Betrug Tür und Tor geöffnet wird.

Lea Schönberger gelang es anhand von zahlreichen Alltagsbeispielen, die neuen Technologien als mehrheitlich nutzbringend für den Einsatz von KI von mittelständischen Unternehmen vorzustellen. Aber genauso verwies sie auf mögliche Risiken und Stolpersteine. „Oft sind es ganz falsche Vorstellungen und mangelndes Fachwissen, die den erfolgreichen Einsatz von KI verhindern, fehlende finanzielle und personelle Ressourcen, rechtliche Vorbehalte und Sicherheitsbedenken, auch mangelnde Bereitschaft in der Belegschaft, die Transformation mitzugehen.“

Hinter all dem steht jedoch auch die ethische Betrachtung dieser neuen Technologie. Und hier, so Lea Schönberger, sollte man genauer hinschauen. Datenbasierte Geschlechterdiskriminierung, ungenügender Datenschutz und Intransparenz gehören eindeutig zu den negativen Nebenwirkungen.

Durch den Vortrag bereits mental sehr gut vorbereitet, ging es jetzt zur praktischen Nacharbeit in die Workshops.

Lea Schönberger vertiefte in ihrem interaktiven Workshop mit hochmotivierten Teilnehmerinnen noch einmal das Wissen über das KI-Tool ChatGPT.

Sandra Lopez, e-commerce-Expertin und ufn-Mitgliedsfrau gab in ihrem interaktiven Workshop einen Einblick in die Anwendungsmöglichkeiten von KI in der Welt des rasant wachsenden E-Commerce. Neben vielen Informationen rund um den e-commerce gab es wichtige Praxistipps für alle, die hier bereits aktiv sind und den nächsten Schritt machen wollen oder planen, hier in Zukunft ein Business aufzubauen.

Wie fangen wir überhaupt an? Was haben wir? Was fehlt uns? Was sind unsere Ziele? Wie erreichen wir sie? Strategieentwicklung war bei Dr. Jan Wilhelm vom Mittelstand-Digital-Zentrum Rheinland das Stichwort. Der Verhaltensökonom unterstützt Unternehmen auf dem Weg in die Digitalisierung und begleitet den Prozess über einen längeren Zeitraum. Entlang von konkreten Fragestellungen der Workshopteilnehmerinnen und spannenden Beispielen aus seiner Beratungspraxis zeigte er wichtige Verfahrensschritte für einen erfolgreiche Digitalisierungsprozess in unterschiedlichen Branchen auf.

Der vierte Workshop mit unserer Vorstandsfrau Jessica Saum von CommuniBIT lief immer noch, als die ersten bereits an Malinas Buffet anstanden, augenscheinlich nicht ohne Grund: „Ich bin immer noch begeistert von der Energie und dem Engagement der Teilnehmerinnen meines Workshops „KI und die Zukunft des Marketings“, berichtete Jessica Saum im Anschluss. „Gemeinsam haben wir uns der Frage gestellt, wie künstliche Intelligenz die Marketingwelt verändert und welche Chancen sich dadurch für Unternehmerinnen ergeben. An einem Praxisbeispiel habe ich gezeigt, wie KI-Tools nicht nur den Arbeitsalltag erleichtern, sondern regelrechte Marketing-Turbos sein können. Es wurden kluge Fragen gestellt, so sind spontan neue Ideen entstanden. Genau das war mein Ziel: Dass die Frauen das Thema KI selbstbewusst anpacken und sich nicht von der Komplexität oder durch Angst vor Veränderung einschüchtern lassen. Die abschließende Umfrage hat gezeigt, dass die meisten Teilnehmerinnen optimistisch in die Zukunft blicken. Sie sehen KI als Chance, die sie aktiv ergreifen möchten.“

Ein besonderes Beratungsangebot bietet übrigens das „INQA-Coaching“. Hier werden kleine und mittelständische Unternehmen gefördert, die erst einmal gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden in die Beratung gehen möchten, um Digitalisierungsoptionen zu entdecken, auszuwählen und gemeinsam auszuprobieren. „Das nimmt Ängste und schafft ein größeres Commitment für Veränderungen“, weiß Barbara Baratie, die als INQA-Coach zugelassen ist. Die Firmen können sich dabei über 80 % Förderung der Beratungskosten freuen. Mehr Informationen dazu hier.

Beim (wie immer) fantastischen Buffet von Malina und ebenso außergewöhnlich guten Weinen von Kloster-Kraul  gab es an allen Tischen lebhafte und interessante „Nach-“gespräche und Kontaktaufnahmen. Besonders intensive Nachfragen gab es bei den NRW-Bankern Simone Plum und Janpeter Beckmann zu möglichen Zuschüssen und aktuellen Förderprogrammen. Es lohnt sich aber auch unbedingt immer, in einem ersten Schritt in den eigenen Reihen nach zertifizierten Beraterinnen zu gucken, mit denen man neue Wege gehen kann.

Mit von der Partie waren auch unsere neuen Mitgliedsfrauen

v.l. Mareike van Leuck (Klausenhof), Melina Lisanne Kraul (Kloster-Kraul), Britta Thielen (AOK Rheinland/Hamburg)

Charmaine Haswell (WTM Stadt Kleve)

 

A propos: Bleibt noch die Frage, ob ChatGTP auch Humor kann. Es bleibt beim ja und nein: Man kann sich tatsächlich Witze kreieren lassen. Aber da zeigt sich, dass KI nur staubtrocken verarbeitet, was man ihn hat lernen lassen. Lachen kann man nicht wirklich darüber. Humor ist halt doch etwas zutiefst Menschliches – wie schön!

Text: Gabriele Coché-Schüer
Fotos
www.maro-fotodesign.de

 

Downloads

Dr. Jan Wilhelm: Einführung Mittelstand-Digital-Zentrum Rheinland

Barbara Baratie: INQA-Coaching

Simone Plum, Janpeter Beckmann: Vorstellung NRW Bank

Dr. Lea Schönberger: Impulsvortrag

Dr. Lea Schönberger: Einführung ChatGPT (Kurzfassung)

Sandra Lòpez: KI im E-Commerce (Kurzfassung)

Jessica Saum: KI im Marketing (Kurzfassung Skript)

Links

INQA-Förderprogramm: Informationen und Berater